Leider ließ es sich nicht
vermeiden, dass ich auch am Wochenende bei den Spaziergängen mit Bya-ra auch
Indra mitnehmen musste. Also wieder nichts mit intensivem Üben. So kam es dann
auch, dass wir wieder einige Zwischenfälle hatten, die zwar nicht tragisch
waren, ich meine kleine Krawallschachtel aber lieber mehr unter Kontrolle
gehabt hätte, denn jeder Misserfolg bedeutet einen Rückschritt.
Anfangs verlief unser kleiner
Sonntags-Spaziergang relativ friedlich, sieht man mal davon ab, dass Bya-ra in
den letzten Tagen die Tendenz hat bereits auf den ersten Metern grundlos vor
sich hin zu brummeln und zu bellen, nur für den Fall, dass irgendetwas
verscheucht werden müsste, vielleicht ein Gespenst oder so. Ich weiß natürlich
schon, dass die Fehler, die uns immer wieder in der Erziehung zurückwerfen, bei
mir liegen. Man ist als Hundeführer nun mal nicht immer gleich konzentriert,
sollte man aber sein, denn jeder kleine Fehler – und sei es nur eine zu späte
Reaktion beim Loben oder Strafen – löst unter Umständen genau das Gegenteil des
Gewünschten aus.
Es war wieder ein schöner
Herbsttag und ich hatte die Digi-cam extra mitgenommen, um die letzten bunten
Herbstbilder einzufangen. An einem Bach hielten wir an, ich ließ meine beiden
Damen absitzen, bleiben, freundlich lächeln und machte zwei Fotos, alles lief
wunderbar. Eine Joggerin kam des Weges und ich beobachtete, wie Bya-ra und
Indra sie fixierten, aber ruhig sitzen blieben. Wunderbar! (Hier hätte ich
sicher schon durch Lob reagieren müssen!) Alles ging gut bis zu dem Zeitpunkt,
als die Joggerin uns ansprach, welch liebe gut erzogene Hunde ich doch hätte.
Das hätte sie nicht sagen sollen. Ansprechen verboten! Mit einem Riesensprung
über den breiten Bach war Bya-ra nebst Mama Indra bei der Joggerin und gab
ebenfalls ihren Kommentar ab. Zum Glück fand die junge Frau das in Ordnung, da
sie selbst einen Hund (Jack Russel) besitzt. Ich allerdings hätte mir etwas
mehr Disziplin von meinen kleinen Monstern gewünscht. Die nächste Situation
folgte kurz darauf, als wir einen schmalen Pfad den Bach entlang liefen und uns
eine Frau mit einem Hund in Terrier-Größe entgegenkam, der ebenfalls nicht ganz
ohne Schwierigkeiten an anderen Hunden vorbeigeht. Ich wich mit samt meiner
Zucht einen Meter in den Wald aus, was aber bei weitem nicht ausreichte und
Bya-ra schon wieder ihren üblichen Tanz aufführte. Das Leckerchen, das ich ihr
vor die Nase hielt, war für sie nicht wichtig genug. War es doch nur eines von
der billigen Sorte! Eine ganze Weile liefen wir auf dem Heimweg ohne Probleme,
da uns zum Glück keine weiteren unangenehmen Hunde begegneten. Bis wir bei
einer neu zugezogenen Nachbarin stehen blieben und ich mich eine Zeitlang
unterhielt, so dass uns ein Pärchen mit einem freilaufenden Golden Retriever
Rüden einholte. Ich ließ Bya-ra ebenfalls frei, behielt Indra aber bei mir.
Natürlich wollte Bya-ra den großen Kerl kennen lernen, der auch sehr nett zu
ihr war. Das nutzte Bya-ra aus, denn scheinbar fühlte sie sich nun überlegen,
zumal der Rüde relativ schüchtern schien, was mir die Besitzerin auch
bestätigte. Der arme Kerl beschwichtigte und beschwichtigte, denn nun traute er
sich an meiner kleinen tonangebenden Möchte-Gern-Chefin nicht vorbei. Was dann
passierte, verwunderte mich allerdings noch mehr. Wir passierten das Tor mit
den beiden bekannten irischen Wolfshunden „Susi und Strolch“, wobei sich
Strolch hinter dem Tor wieder mal fürchterlich aufspielte. Etwas, wovon sich
Bya-ra normalerweise leicht provozieren lässt. Jetzt aber hatte sie nur Augen
für den Golden Retriever, der brav an den tobenden Wolfshunden vorbei lief.
Bya-ra würdigte die beiden keines Blickes, zumal ich ihr Verhalten noch durch
Leckerlies belohnte. Dienstag dagegen hatte ich an besagtem Tor wieder ein
großes Problem, denn mit Indra an der zweiten Leine habe ich einfach nicht die
Möglichkeit Bya-ra in die andere Richtung zu lenken und so meinte sie, sie
müsste dem hinter dem Zaun wütenden Strolch unbedingt die Meinung sagen, und
zwar lautstark. Ich fürchte, wenn das nicht besser wird, muss ich dieses
bewusste Tor offiziell zum Trainingsgebiet erklären, mich der Konfrontation
stellen und solange daran vorbeigehen bis ein für allemal Ruhe herrscht!
Da Melanie am Montagnachmittag
frei hatte und Indra und Gesar übernahm, ergriff ich die Gelegenheit beim
Schopfe und machte mit Bya-ra einen Ausflug per Auto zum Hessenpark. Wer sich
für das Freilichtmuseum interessiert, mehr darüber findet man im Internet unter
www.hessenpark.de. Und wer sich mehr für Bya-ras Verhalten auf unbekanntem
Terrain interessiert, der liest am besten hier weiter. Ich hatte das Gefühl,
dass meine sonst so vorlaute kleine Hündin sich unsicher fühlte und daher sehr
oft den Blickkontakt mit Frauchen (Das bin ich!) suchte. Hier und da klappte
auch schon mal die Rute runter, weil doch alles so wahnsinnig gefährlich zu
sein schien. Nichtsdestotrotz hätten wir ganz gerne die Rottweilerhündin
angebellt, die sich freundlicherweise auf Distanz hielt. Wir nutzten das
Gelände nur als Spazierweg, da man mit Hund die Gebäude nicht betreten darf,
und begaben uns auf den großen Rundweg. Pferde? Zum Glück verhielten sie sich
ruhig und Bya-ra musste sich nicht aufregen. Anders die Esel, die man schon von
weitem hören konnte. Das war der Moment für Bya-ra immer kleiner zu werden und
nach Möglichkeit gar nicht dort vorbei zu gehen. Sie ging trotzdem, wenn auch
sehr zögerlich, mich als Beschützer zwischen den Eseln und ihr. An dem leider
fast ausgetrockneten Weiher legten wir eine kurze Pause ein. Aber Bya-ra war
das zu langweilig und wir setzten die Reise ins Unbekannte fort. Einige
Hessenparkbesucher, die uns entgegenkamen, ließen wir freundlich an uns vorbei
gehen. Ich wollte mit Bya-ra zu den Ziegen, die ich hinter einem Zaun entdeckt
hatte, und sie ihr vorstellen, drehte aber ganz schnell wieder ab, als ich eine
außerhalb entdeckte. Ich war mir nicht sicher, ob freilaufende Ziege und Bya-ra
ein gutes Team ergeben würden. Kurz darauf ein freilaufendes Schaf. Na, das
muss aber doch auch nicht sein. Wir näherten uns dem Ausgang, damit auch dem
Marktplatz mit all seinen verlockenden kleinen urtümlichen Geschäften und
Restaurants. Gerne hätte ich mir ein frisch gebackenes Sauerteigbrot aus dem
Steinofen geholt, aber das Schild „Hunde müssen draußen bleiben“ hielt mich
davon ab. Noch nie hatte ich Bya-ra irgendwo draußen angebunden und alleine
gelassen. Die Gefahr, dass ein fremder Hund sich ihr hätte nähern können, war
mir einfach zu groß, da der Marktplatz um diese Zeit recht belebt war. Ich habe
keine Ahnung, wie sie in einem solchen Moment reagieren würde. Nachdem alles
gut verlaufen war, kam was kommen musste. Am Ausgang passte ich einen
Augenblick nicht auf, da ich mich auf eine Informationstafel konzentrierte.
Wütendes Gekläff hinter uns auf der anderen Straßenseite und Bya-ra gab prompt
die Antwort. Ich glaube, ich darf Bya-ra nicht überfordern, nach einem langen
Spaziergang auf unbekanntem Terrain ist für ihre Nerven das Maximum. Es ist
einer Trainingsstunde mit voller Konzentration gleichzusetzen. Meine
Spiegelreflex-Kamera, die ich im Glauben gute Fotos machen zu können (z.B.
Bya-ra vor der Windmühle), mitgenommen hatte, diente im Endeffekt nur als
Attrappe und unnötiger Ballast.
Der November hat nun Einzug
gehalten und es regnet, regnet und regnet. |