Es gibt kleine Rückschritte in Sachen „Hundebegegnung“.
Nachdem Bya-ra und ich so fleißig geübt hatten, gerieten wir leider in den
vergangenen Tagen in Situationen, die zwar nicht dramatisch waren, aber uns
nicht gerade weiter gebracht haben.
Bei traumhaftem Oktoberwetter
fuhren Melanie und ich mit unserem kleinen Rudel am Montagmittag ins Grüne, um
ein bisschen vom „Indian Summer“ des Taunus zu genießen.
Blauer Himmel, Sonnenschein, die ersten Bäume zeigten sich
in buntem Laub, Fliegenpilze in knalligem Rot, ganze Kompanien davon, ein
Bilderbuch-Ausflug. Auch den Hunden gefiel es und sie hatten ihren Spaß, denn –
da sie bei uns immer hungern müssen, die Ärmsten (Wir füttern unsere Hunde
nämlich grundsätzlich nie, außer an Weihnachten und Ostern!) machten sie sich
im Wald über jedes Stöckchen her, (und davon gab es ausgesprochen viele)
grasten die Waldwiesen ab und buddelten was das Zeug hielt, weil die Erde des
Waldbodens ganz besonders nahrhaft zu sein schien.
Nach der Idylle trafen wir am Ende des Spaziergangs auf
dem Weg zum Parkplatz auf ein Ehepaar mit einem angeleinten Hund. Melanie ging
mit Gesar voraus und der Herr der Schöpfung machte Rabatz, weil Melanie ihn
verständlicherweise nicht zu dem anderen Hund ließ. Grund genug für Bya-ra mit
wütendem Gekläffe einzustimmen. Schade, dass der sonst so gelungene Ausflug
nicht auch mit einem Erfolgserlebnis endete. Schade, schade, schade!
Am Dienstagabend klebte ich wieder mal hoch interessiert
vor dem Fernsehapparat, als die Sendung „Tier-Nanny“ auf VOX lief. Auch wenn
ich nicht in jedem Fall mit den Erziehungsmethoden übereinstimme, finde ich
doch auch immer wieder neue Anregungen oder krame Vergessenes (oder
Verdrängtes!) aus der untersten Schublade meines Gedächtnisses. Da gibt es zum
Beispiel die Sache mit der Rangordnung innerhalb des Rudels. Was gestern im
gezeigten Beispiel von einem Ehepaar mit vier Yorkies sehr deutlich wurde ist,
dass wir Menschen gerade dann, wenn wir denken es besonders gut zu meinen, oft
das Gegenteil erreichen. Das Ehepaar hat versucht – wie bei Kindern – jeden der
Hunde gleich zu behandeln und keinen vorzuziehen. Eigentlich eine sehr
lobenswerte Einstellung, wenn es sich um Menschen handelt, nicht aber in Bezug
auf den Hund. Hier gilt die Rangordnung, die klar eingehalten werden muss, da
die Hunde sonst verunsichert sind und die Rangordnung ständig neu klären
möchten, was zu dauernden Reibereien führt. Ich selbst müsste also auch bei
meinem kleinen Rudel darauf achten, dass ich Gesar immer (noch) als Chef
behandle. Mir fällt auf, dass ich dies nicht in jedem Fall beherzige. Er ist
manchmal sehr mürrisch und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er sich
zurückgesetzt fühlt, weil einfach Bya-ra mehr Aufmerksamkeit fordert. Sie
versucht ohnehin hier alles und jeden zu kontrollieren und ich fürchte, ich
muss anfangen sie in ihre Schranken zu weisen, auch wenn es schwer fällt. Damit
meine ich jetzt natürlich nicht, dass ich zu brutalen Mitteln greife, sondern
nur, dass ich nicht mehr soviel Zugeständnisse mache. Das beginnt allein damit,
dass sie nachts darauf besteht, direkt neben meinem Bett zu liegen. Gestern
hatte sich Gesar dort bereits breit gemacht und Bya-ra schaute ihn traurig an,
klagte und jammerte. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich einen anderen
Schlafplatz zu suchen. Sie tat mir schon ein bisschen leid, ehrlich gesagt.
Gestern Nachmittag kam ich spontan auf die Idee mit Bya-ra
meine Schwester in ihrem Garten zu besuchen. Dank des schönen Wetters traf ich
sie dort auch an. Sie war allerdings nicht allein, sondern hatte Besuch von
ihrer Schwägerin, die wiederum ihre beiden Hündinnen dabei hatte. Und außerdem
auch Sandy, die Hündin meiner Nichte. Sandy ist kein Problem, Bya-ra und sie
kennen sich und Sandy ist eine ganz liebe inzwischen alt gewordene
Setter-Mix-Hündin, früher Gesars Pflegemama, als er noch klein war. Die anderen
beiden vierbeinigen Damen lernte ich nun auch zum ersten Mal kennen. Ebenfalls
eine Sandy, und zwar eine reinrassige Collie-Hündin. Die zweite gefiel mir
gleich unheimlich gut und ich hätte sie am liebsten mitgenommen. Fenja, eine
Bearded-Collie-Mix-Hündin, noch jünger als Bya-ra. Und einfach süß! Sie hatte
nur für eines Interesse, für ihren Ball. Im Allgemeinen vertrugen sich die vier
Damen ohne Schwierigkeiten. Ich kann nur nicht ganz analysieren, warum Bya-ra
ewig und dauernd andere Hunde anbellt. Auch ohne Leine, aber natürlich in
diesem Fall in einem anderen Ton. Keineswegs aggressiv, aber doch irgendwie
fordernd. Ich hege den leisen Verdacht, sie wollte Fenja den Ball abschwatzen,
so wie sie es bei Gesar sonst auch probiert. Sandy, die Collie-Hündin, stand
ihr im Bellen nicht nach. Sie zeigte ebenfalls eindeutige Eigenschaften eines
Hundes, der versucht sein Rudel zu bewachen. Sobald sie in der Ferne ein
verdächtiges Geräusch hörte, begann sie bellend auf und abzulaufen. Und sie zog
Fenja jedes Mal am Ohr zurück, wenn diese mit dem Ball zu Frauchen zurückrannte.
Na ja, Hütehund eben! Das war jedenfalls eine nette Erfahrung und ich würde
mich freuen die Damen-Meute bald noch einmal zusammen zu erleben.
Der Spaziergang mit Bya-ra und Indra heute Nachmittag war
wieder einmal deprimierend. Da dachte ich bei dem inzwischen betrüblichen
Wetter wäre außer mir niemand unterwegs. Stattdessen kamen mir gleich zwei
große unbekannte Hunde entgegen. Einer angeleint und einer nicht. Genau das war
eine Situation, mit der ich nichts anzufangen wusste und die mich
verunsicherte, was sich unweigerlich auf Bya-ra übertrug, fürchte ich. Hätte
ich Bya-ra frei laufen lassen, wäre sie evtl. zu dem angeleinten Hund gerannt,
der vielleicht nicht ganz so friedlich gewesen wäre. Hätte ich sie an der Leine
gelassen, wäre ich die Gefahr eingegangen, dass der freilaufende Hund sich uns
genähert hätte und ich kann garantieren, dass Bya-ra dann aufmüpfig geworden
wäre, wenn ich sie zurückgehalten hätte. Letzte Möglichkeit war das Ausweichen
auf die Wiese und ich entschied mich für diese Lösung. Dass Bya-ra dort aber
trotz der großen Entfernung versuchte Theater zu machen, war nicht gerade
aufbauend. Hatte ich doch die Wege gewechselt, um unbekannten Hunden
auszuweichen, lief ich gerade dem nächsten in die Arme. Zum Glück kannte ich
die Besitzerin und der Hund hatte lediglich Miniaturgröße und war erst 4 ½
Monate alt. Ich wich erst einmal aus und fragte, ob der Kleine Angst hätte oder
ob er spielen würde. Dann ließ ich wohlweislich nur eine meiner beiden Damen
auf das arme Persönchen los, meine Jüngste. Der kleine Mann hatte nicht
wirklich das Vertrauen zu meinem stürmischen „Riesen“hund und zierte sich erst
einmal. Bya-ra fing schon wieder an lautstark zu schimpfen, weil der Winzling
nicht spielte oder nicht so reagierte, wie Madame es wünschte. Ich kann mir
nicht erklären, warum sie andere Hunde immer mit Worten fertig macht. Sie ist
sehr diskussionsfreudig. Als sich die Sache nach und nach besser anließ, dachte
ich, ich könnte nun auch Mama Indra auf den kleinen Kerl loslassen. Sie hatte
aber so lange auf diesen Moment warten müssen, dass sie wie eine Hyäne über ihn
herfiel. Das Temperament ging mit ihr durch. Meine liebe sanfte Indra, so sehe
ich sie sonst auch nur mit Bya-ra spielen, bis an die Grenzen des Erlaubten
gehend. Das war eindeutig zuviel, denn ich wollte auf gar keinen Fall, dass
hier jemand Schaden nimmt und auf Ewig Angst hat. Nach einigem Hin und Her
hatte ich meine Hunde wieder eingefangen. Aber ich glaube, das war jetzt
wirklich keine gute Idee und mache mir meine Gedanken, dass es dem
Miniatur-Hund nun genauso geht, wie gestern Bya-ra, die auf der Wiese von Fenja
und Sandy gejagt wurde und auch einen Schreckensschrei ausstieß. Auch diese
Ängste sind irgendwo im Welpenalter verankert und trotz Besserung kommt es
immer wieder durch. Ganz eindeutig ist bei ihr, dass die Angst vor großen
Hunden in ihr steckt. Wie stark spielt wohl meine eigene Unsicherheit dabei
eine Rolle? Einen Bericht zu diesem Thema gibt es in der Zeitschrift „Partner
Hund Nr. 11 November 2005“ nachzulesen. |